Arbeitnehmerüberlassung im Bauwesen: Wichtige Hinweise
Zeitarbeit und gegenseitige Unterstützung zwischen Betrieben können bei schwankendem Arbeitsaufkommen hilfreich sein. Allerdings ist Leiharbeit im Bauhauptgewerbe grundsätzlich untersagt. Es existieren jedoch bestimmte Ausnahmen, die eine Überlassung von Beschäftigten zulassen.
Für Unternehmen der Bauwirtschaft gelten besondere Bestimmungen bei der Arbeitnehmerüberlassung. Den rechtlichen Rahmen für Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer bildet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
Welche Parteien sind in die Arbeitnehmerüberlassung eingebunden?
Die Juristin Viola Bischoff von der Handwerkskammer Konstanz erläutert die rechtlichen Aspekte bei der Besetzung von Stellen im Rahmen der Leiharbeit: „Bei einer Überlassung werden stets zwei Verträge abgeschlossen – einerseits ein Arbeitsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer, andererseits ein Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher.“
Im Unterschied zu einem normalen Arbeitsverhältnis sind hier drei Akteure beteiligt:
- Der Verleiher überlässt seine Beschäftigten einem anderen Betrieb, dem Entleiher, zur Erbringung von Arbeitsleistungen.
- Der Entleiher hat gegenüber dem überlassenen Mitarbeiter Weisungsbefugnis und setzt ihn für seine betrieblichen Aufgaben ein.
- Der Leiharbeitnehmer ist beim Verleiher angestellt, arbeitet jedoch im Betrieb des Entleihers.
Welche Branchen dürfen verleihen oder entleihen?
Gerade im Bauhauptgewerbe besteht wegen schwankender Auftragslagen Interesse an Zeitarbeit. Dennoch ist diese nach der Baubetriebe-Verordnung grundsätzlich untersagt. Nach §1b AÜG ist die Überlassung von gewerblichen Arbeitnehmern, die Tätigkeiten des Baugewerbes ausführen, verboten. Das bedeutet: Klassische Zeitarbeitsfirmen dürfen keine Fachkräfte wie Dachdecker oder Maurer überlassen. Zulässig ist eine Überlassung nur innerhalb desselben Gewerks, beispielsweise von einem Dachdeckerbetrieb an einen anderen.
Bischoff erklärt: „Im Bauhauptgewerbe ist Leiharbeit nicht erlaubt. Im Baunebengewerbe hingegen – etwa bei Malern oder Elektroinstallateuren – ist sie möglich. Diese Tätigkeiten sind nicht so stark von Jahreszeiten oder Wetterbedingungen abhängig und können daher kontinuierlich ausgeführt werden.“
Worauf müssen Betriebe beim Einsatz von Leihkräften besonders achten?
Laut Bischoff gibt es einige zentrale Punkte im Überlassungsvertrag, die unbedingt geprüft werden sollten. Vor Vertragsabschluss muss die gültige Verleiherlaubnis vorliegen. Nur mit dieser darf ein Unternehmen offiziell als Zeitarbeitsfirma auftreten. Ihr Rat: „Fordern Sie eine Kopie an – ohne dieses Dokument sollte man keine Zusammenarbeit eingehen.“
Zu den wichtigsten Aspekten gehören:
- Der Vertrag über die Arbeitnehmerüberlassung muss schriftlich nach § 12 Abs. 1 AÜG abgeschlossen sein.
- Es besteht eine Pflicht zur eindeutigen Kennzeichnung des Vertrags als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag.
- Die eingesetzten Leiharbeitnehmer müssen namentlich vor Beginn ihrer Tätigkeit benannt werden.
- Sowohl Staatsangehörigkeit als auch Aufenthaltstitel der überlassenen Mitarbeiter müssen im Vertrag aufgeführt sein.
- Die Überlassung ist zeitlich beschränkt: Maximal 18 Monate darf derselbe Arbeitnehmer in einem Betrieb tätig sein. Nach einer Unterbrechung von drei Monaten plus einem Tag beginnt die Frist erneut. Tarifverträge können längere Zeiträume ermöglichen.
- Beim Lohn gilt das Prinzip des Equal Pay: Zeitarbeiter haben Anspruch auf das gleiche Entgelt wie Stammkräfte (§ 8 AÜG). Abweichungen sind nur durch Tarifvertrag oder eine entsprechende Bezugnahme im Arbeitsvertrag möglich.
Soll ein Mitarbeiter dauerhaft übernommen werden, fällt in der Regel eine Vermittlungsprovision an. „Jede Entleihfirma regelt diese in ihren AGB. Die Höhe muss gestaffelt nach Dauer des Einsatzes angegeben sein, um rechtlich wirksam zu sein“, ergänzt Bischoff. Bei Unsicherheiten unterstützen Handwerkskammern bei der Prüfung.
Wann spricht man von unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung?
Bischoff warnt: Fehlt beispielsweise die notwendige Erlaubnis, drohen dem Entleiher Bußgelder bis zu 30.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1a AÜG). Wird ein unzulässiger Verleih festgestellt, gilt automatisch ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher als begründet. Werden dabei ausländische Beschäftigte eingesetzt, die keine Arbeitserlaubnis besitzen, kann das Bußgeld bis zu 500.000 Euro betragen (§ 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III). Schwarzarbeit kann mit Strafen bis zu 50.000 Euro geahndet werden (§ 8 SchwarzArbG). Zudem drohen bei Vorenthalten von Löhnen und Sozialabgaben Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen (§ 266a StGB).
Unter welchen Bedingungen ist Kollegenhilfe möglich?
Betriebe derselben Branche können statt Zeitarbeit auch auf Kollegenhilfe nach §1a AÜG zurückgreifen – sogar zwischen Handwerk und Industrie, so Bischoff. Diese Sonderform erlaubt es Firmen mit weniger als 50 Beschäftigten, ihre Mitarbeiter zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Kündigungen an andere Arbeitgeber zu überlassen. Dafür genügt eine Meldung bei der Bundesagentur für Arbeit mittels Formular AÜG 2b. Die Dauer ist auf maximal zwölf Monate begrenzt. Auch hierbei empfiehlt es sich, einen schriftlichen Überlassungsvertrag abzuschließen.
Laut Bischoff können zudem Unternehmen aus dem Bauhauptgewerbe, dem Dachdeckerhandwerk, dem Gerüstbau, dem Abbruchbereich sowie dem Garten- und Landschaftsbau Kollegenhilfe nach §1b AÜG nutzen, sofern sie demselben Rahmen- und Sozialkassentarifvertrag unterliegen. Voraussetzung ist eine mindestens dreijährige Teilnahme am Sozialkassensystem. Auch europäische Firmen dürfen Kollegenhilfe leisten, wenn sie entsprechende Nachweise erbringen und zusätzlich eine Verleiherlaubnis besitzen.
Ihr Hinweis: Es sollte stets die aktuelle Verleiherlaubnis sowie eine SOKA-BAU-Bescheinigung angefordert werden, um sicherzustellen, dass Beiträge zum Sozialkassensystem gezahlt werden. Zudem können sich rechtliche Hürden ergeben, wenn Verträge nach ausländischem Recht abgeschlossen werden.
Können Zeitarbeit und Kollegenhilfe den Fachkräftemangel lösen?
„Als dauerhafte Lösung zur Gewinnung neuer Fachkräfte eignen sich weder Zeitarbeit noch Kollegenhilfe im Bauhauptgewerbe“, fasst Bischoff zusammen. Bei hoher Nachfrage sei kaum ein Betrieb bereit, eigene Mitarbeiter abzugeben. Dennoch können beide Modelle kurzfristige Engpässe überbrücken. Für Hilfstätigkeiten sei Zeitarbeit durchaus praktikabel – insbesondere da viele ausländische Zeitarbeitsfirmen direkten Zugang zu Arbeitskräften aus ihrem Heimatland haben und so schnell Personal bereitstellen können.
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